OSG Impingement
Dienstag, 26. Juni 2018Impingement-Syndrom des oberen Sprunggelenks
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Zusammenfassung
Das Impingement-Syndrom des oberen Sprunggelenks (OSG) ist eine klinische Diagnose und entsteht posttraumatisch, überlastungsbedingt durch wiederholte mechanische Belastungen oder durch anatomische Varianten. Es zeichnet sich durch chronisch-rezidivierende Schmerzen und/oder einen eingeschränkten Bewegungsumfang aus. Aufgrund eines pathologischen Engpasses werden Knochen- und/oder Weichteilgewebe zwischen dem Knochen und weiteren Gelenkstrukturen, meist erst bei Bewegung, eingeklemmt. Das Impingement-Syndrom wird in Bezug auf das tibiotalare Gelenk in anterior, anterolateral, anteromedial, posterior und posteromedial eingeteilt. Die radiologische Bildgebung ist von großer Bedeutung, um das morphologische Substrat der Diagnose sichern zu können. Die Projektionsradiographie und die Computertomographie können ossäre Anbauten und freie Gelenkkörper nachweisen. Die Magnetresonanztomographie ist die Modalität der Wahl zum Nachweis pathologischer Veränderungen der Weichteile, des Knochenmarks oder osteochondraler Läsionen. Der dynamische Ultraschall kann die anatomischen Strukturen, die zum Impingement führen, in Bewegung zeigen.
Schlüsselwörter
Sprunggelenk Impingement Überlastung MRT Ultraschall
Impingement syndrome of the ankle
Abstract
Impingement syndrome of the ankle is a clinical diagnosis caused posttraumatically by overuse due to repetitive mechanical loading or the presence of predisposing anatomical variants. Ankle impingement syndrome is characterized by chronic pain and limited range of movement caused by mechanical compression of bony or soft tissues within the joint compartments. Ankle impingement syndrome is classified according to the various anatomical locations around the tibiotalar joint as anterior, anterolateral, anteromedial, posterior or posteromedial. Various imaging modalities are helpful in confirming the clinical diagnosis of ankle impingement. Radiography and computed tomography are used to identify bony abnormalities and intra-articular loose bodies. Magnetic resonance imaging is the modality of choice to demonstrate pathological soft tissue changes, bone marrow edema and osteochondral lesions. Dynamic sonography can identify the anatomical structures leading to impingement during movement.
Keywords
Ankle Impingement Overuse Magnetic resonance imaging Ultrasound
Lernziele
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kennen Sie die Ursachen und die klinische Symptomatik des Impingement-Syndroms des oberen Sprunggelenks.
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haben Sie einen Überblick über die aktuellsten bildgebenden Verfahren in der Erfassung der Ursachen.
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kennen Sie die auf der anatomischen Lokalisation basierende Klassifikation.
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erkennen Sie die wichtigsten Befundmuster.
Einleitung
Definition
Epidemiologie
Formen
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1. Weichteil-Impingement,
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2. knöchernes Impingement.
Beim Weichteil-Impingement kommt es zur Einklemmung von Synovia, Kapsel-, Band- oder Narbengewebe. Das knöcherne Impingement entsteht entweder durch zusätzliche kongenital angelegte Knochen, wie z. B. ein Os trigonum oder Os subfibulare, durch normvariante Knochenformveränderungen, wie z. B. den Stieda-Prozess (primäre Form), oder durch überlastungsbedingte Knochenproliferationen (Osteophyten) und akute bzw. chronische traumatische osteochondrale Defekte mit freien Gelenkkörpern (sekundäre Form).
Ursachen
Anatomische Normvarianten als Ursache eines Impingement des OSG sind seltener. Ein akzessorisches Faszikel des Lig. tibiofibulare anterius inferius (Basset-Ligament ) kann ein anterolaterales Weichteil-Impingement auslösen [15, 16]. Ein elongiertes Tuberculum laterale processus posterius tali (Stieda-Prozess) oder akzessorische Knochen wie z. B. das Os Trigonum prädisponieren zum posterioren knöchernen Impingement des OSG [9].
Klinik
In Abhängigkeit von der anatomischen Lokalisation zum tibiotalaren Gelenk präsentieren sich die Impingement-Syndrome mit unterschiedlichen klinischen Zeichen und Symptomen (siehe unten). Meistens treten die Beschwerden in Form von Schmerzen oder Blockaden bei Dorsalflexion anterior und lateral, seltener bei Plantarflexion posterior und medial am Sprunggelenk auf. Patienten klagen meist über chronische Schmerzen und/oder einen eingeschränkten Bewegungsumfang während der Flexion des Fußes. Häufig äußern Patienten auch Schmerzen beim Treppensteigen oder in der Endphase der Abrollbewegung des Fußes beim Gehen oder Laufen.
Aktuelle Verfahren für die bildgebende Diagnostik
Bildgebende Verfahren, angewendet für die Beurteilung der Impingement-Syndrome: a seitliches Röntgenbild, b sagittale Reformation aus dem dreidimensionalen Datensatz der Multidetektorcomputertomographie, c sagittale protonengewichtete Sequenz der Magnetresonanztomographie (MRT) eines Patienten mit einem prominenten Stieda-Prozess (Pfeilspitze) und posteriorer klinischer Impingement-Symptomatik. Die Fraktur des Stieda-Prozesses sowie das umgebende Weichteilödem sind nur in der MRT erkennbar
Projektionsradiographie
Computertomographie
Magnetresonanztomographie
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sagittale STIR S („short-tau inversion recovery“),
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sagittale T1w SE („spin echo“),
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koronare („oblique“ = schräg) intermediär fettsupprimiert,
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koronare („oblique“ = schräg) T1w,
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axial („straight“ = gerade) PD („proton density“),
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axial intermediär fettsupprimiert.
Die axiale PD und die axiale intermediäre fettsupprimierte Sequenz können alternativ eingesetzt werden, sodass man in der Routine mit 4 Sequenzen arbeiten kann. Insbesondere bei den koronaren und axialen Sequenzen kann die Kippung zur parakoronaren („oblique“ = schräg) gegenüber der streng („straight“ = gerade) axialen Ebene nach den Empfehlungen der ESSR [19] die Beurteilbarkeit der perimalleolären Sehnen- und Bandstrukturen erheblich verbessern. Die Schichtdicke sollte maximal 3 mm betragen. Zur Verbesserung der Beurteilung kleiner anatomischer Strukturen sollte ein kleines „field of view“ gewählt werden.
Empfohlene MRT und Ultraschall Protokolle der ESSR für das Sprunggelenk: Internetadressen
https://essr.org/content-essr/uploads/2016/10/ESSR-MRI-Protocols-Ankle.pdf
Ultraschall
Der hochauflösende Ultraschall (US; siehe Videomaterial 1 und 2 online) kann durch eine detailliertere Darstellung der Knochen- und Weichteilveränderungen, durch die Beurteilbarkeit der Vaskularisation sowie die Möglichkeit zur Durchführung von Funktionsüberprüfungen des Bandapparats zusätzliche Informationen liefern. In der Funktionsüberprüfung kann z. B. die Einklemmung von pathologisch vermehrtem Weichteilgewebe nachgewiesen werden. Das Sprunggelenk sollte mit einem hochauflösenden Linearschallkopf (15–20 MHz) untersucht werden. Der Kontakt zwischen Schallkopf und Hautoberfläche kann hierbei durch eine Silikonauflage (Gelpad) verbessert werden. Für die Untersuchung des Sprunggelenks werden die Standardschnitte der ESSR verwendet [20].
Klassifikation
Anteriores Impingement
Typischer Befund beim anterioren knöchernen Impingement: Die seitliche Projektionsradiographie zeigt einen zackenartigen Osteophyten am Talushals (Pfeilspitze)
Anteriores knöchernes Impingement: a sagittale T1-gewichtete und b sagittale protonengewichtete Sequenz; c,d longitudinale Ultraschallbilder im vorderen Kompartiment des oberen Sprunggelenks OSG zeigen „Kissing“-Osteophyten an der ventralen Tibia (Pfeilspitze) und am Talushals (Pfeil) sowie umgebenden Gelenkerguss (Stern) und ein geringes Knochenmarködem im Bereich des Talus
Neben der klinischen Untersuchung ist routinemäßig die Projektionsradiographie (seitliche Aufnahme) die primär geforderte Bildgebung zur Untermauerung der Diagnose, da ossäre Anbauten an typischer Lokalisation bei symptomatischen Patienten beweisend sind ([1]; Abb. 2). Die Differenzierung zwischen Frakturen der Osteophyten und akzessorischen Ossikeln kann in Einzelfällen ohne den Vergleich zu Voruntersuchungen schwierig sein und erfordert eine genaue Erhebung der Anamnese. Laterale Röntgenaufnahmen in Dorsalflexion können den Kontakt zwischen den knöchernen Appositionen dokumentieren. Diese Aufnahmen können durch die dynamische Ultraschalluntersuchung ersetzt werden (siehe Video 1 online).
Anteriores Weichteil-Impingement: a sagittale und b koronare protonengewichtete Sequenzen; c axiale T2-gewichtete Sequenz und d transversaler Ultraschallschnitt im vorderen Kompartment des oberen Sprunggelenks bei einem Patienten mit persistierenden Schmerzen an der Vorderseite des Sprunggelenks. Es zeigt sich eine in der Magnetresonanztomographie signalarme und sonographisch echogene Plica oder „meniscoid lesion“ (Pfeilspitze in a und Stern in b–d), die scharf berandet und flüssigkeitsumspült zur Darstellung kommt
Anterolaterales Impingement
Anterolaterales Weichteil-Impingement: a axiale T2-gewichtete Sequenz, b transversaler Ultraschallschnitt und c Dopplerultraschall bei einem Patienten mit posttraumatischer Verdickung der vorderen distalen Syndesmose, die irregulär begrenzt und verstärkt durchblutet zur Darstellung kommt
Anterolaterales Impingement: a,b axiale und c koronare T2-gewichtete Sequenzen sowie d transversaler Ultraschallschnitt im anterolateralen Kompartment des oberen Sprunggelenks bei einer Patientin mit persistierenden Schmerzen des Sprunggelenks infolge eines schweren Supinationstraumas. Das Lig. talofibulare anterius weist eine Totalruptur auf mit Ausbildung einer „meniscoid lesion“ und zwei ossären Fragmenten (Pfeilspitze), die deutlicher im Ultraschall erkennbar sind und einem partiell ossifizierten Hämatom oder einer Avulsionsfraktur entsprechen (siehe auch Video 2 online)
Anterolaterales knöchernes Impingement: a axiale T2-gewichtete Sequenz und b transversales Ultraschallbild im anterolateralen Kompartment des oberen Sprunggelenks bei einem Patienten mit persistierenden Schmerzen des Sprunggelenks nach Supinationstrauma; fibrös-narbige Verheilung des Lig. talofibulare anterius, welches deutlich verdickt zur Darstellung kommt (Pfeilspitzen in b) sowie 7 mm im Durchmesser haltende Ossifikation im anterolateralen Rezessus (Pfeil), möglicherweise einer Avulsionfraktur entsprechend (LM Malleolus lateralis)
Die Projektionsradiographie kann beim anterolateralen Impingement die knöchernen Fragmente der posttraumatischen Avulsionsfrakturen nachweisen. Die CT kann zusätzlich assoziierte osteochondrale Läsionen darstellen. Die MRT (Abb. 5, 6 und 7) kann eine pathologische Weichteilgewebeformation („meniscoid lesion“ oder Plica , Abb. 5 und 6) mit einer hypointensen T1-gewichteten und hypo- bis intermediären T2-gewichteten Intensität zeigen. Das reguläre Fettgewebe ist verlagert. Zusätzliche Zeichen sind eine Verdickung des Lig. talofibulare anterius, des Lig. tibiofibulare anterius inferius und der Gelenkkapsel. Die MR-Arthrographie kann die fehlende Distension des anterolateralen Rezessus oder eine noduläre irreguläre Kontur der Gelenkkapsel nachweisen. Bereits bei der Kontrastmittelinjektion in das Gelenk liegt ein erhöhter Druck durch den verkleinerten Rezessus vor, was die Injektion erschwert. Der Ultraschall kann eine echogene Narbengewebsformation im anterolateralen Kompartiment des OSG sowie eine Verdickung der anterolateralen Bänder zeigen (Abb. 5b und 6d). Zusätzlich kann die Synovialproliferation eine Hypervaskularisation im Dopplerultraschall aufweisen (Abb. 5c). Die knöchernen posttraumatischen Fragmente sind echoreich und weisen eine dorsale Schallauslöschung auf (Abb. 6d und 7b). In der dynamischen Untersuchung kann die Einklemmung des vermehrten Narbengewebes im anterolateralen Rezessus anschaulich demonstriert werden (siehe Video 2 online).
Anteromediales Impingement
Anteromediales Impingement: a koronare und b sagittale protonengewichtete Sequenzen, c axiale T2-gewichtete Sequenz und d transversaler Ultraschallschnitt im anteromedialen Kompartiment des oberen Sprunggelenks bei einem Patienten mit posttraumatischen chronischen Schmerzen. Es zeigt sich eine Verdickung des Lig. tibiotalare anterius mit einem kleinen posttraumatischen Ossikel im Bandverlauf (Pfeilspitze; MM Malleolus medialis)
Posteriores Impingement
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posttraumatische oder sportassoziierte Synovialitis,
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Synovialzysten (Abb. 11),
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vermehrtes Narbengewebe nach vorausgegangenen Traumen an den dorsal gelegenen Sprunggelenkbändern,
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Gelenkkapselverdickung,
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akzessorische Muskeln wie z. B. der M. peroneus quartus,
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stenosierende Tenosynovitis der Sehne des M. flexor hallucis longus.
Posteriores knöchernes Impingement durch ein Os trigonum: a sagittale protonengewichtete und b T1-gewichtete sowie c axiale T2-gewichtete Sequenzen einer Knochenformation dorsal des Corpus tali (Pfeilspitze) mit deutlichem umgebenden Weichteilödem des hinteren Gelenkrezessus
Posteriores knöchernes Impingement durch ein Stieda-Prozess: a sagittale und c axiale protonengewichtete sowie b sagittale T1-gewichtete Sequenz eines nach dorsal verlaufenden Stieda-Prozesses (Pfeilspitze), welches sowohl ein Knochenmark- als auch ein umgebendes Weichteilödem aufweist
Posteriores Weichteil-Impingement bei einer Balletttänzerin: a–c (konsekutive Schichten) axiale sowie d,e sagittale protonengewichtete Sequenz zeigen eine Verdickung des Lig. talofibulare posterius (Pfeil) und des Lig. intermalleolare (Pfeilspitzen) mit hyperintensem Signal und Verlust der fibrillären Struktur und begleitenden weit nach dorsal reichenden inter- und transligamentären Ganglionzysten
Die laterale Projektionsradiographie kann einen Stieda-Prozess oder ein Os trigonum nachweisen, was allerdings nur in Zusammenschau mit der Klinik als Ursache für ein posteriores Impingement gewertet werden darf. Zusätzlich können auch arthrotische Veränderungen wie Hypersklerosierung, subchondrale Zysten oder Erosionen der Synchondrose zwischen dem Talus und dem posterioren Prozessus des Talus nachgewiesen werden. Eine Aufnahme in Plantarflexion kann die Einklemmung des Os trigonum oder des Tuberculum laterale processus posterioris tali zwischen Tibia und Kalkaneus zeigen.
Die CT kann sehr hilfreich in der Beurteilung der genauen knöchernen Anatomie und in der Differenzierung zwischen Os trigonum, Stieda-Prozess oder einer Fraktur des Tuberculum laterale processus posterioris tali sein. Sie ermöglicht zudem den Nachweis osteochondraler Läsionen und freier Gelenkkörper.
Die dynamische Ultraschalluntersuchung in forcierter Plantarflexion kann zwischen einer Ganglionzyste und einem Gelenkerguss differenzieren. Aufgrund der exzellenten Auflösung kann der Ultraschall die Sehnen sehr gut beurteilen. Die ultraschallgezielte Injektion oder Aspiration spielt beim posterioren Impingement bisher eine eher untergeordnete Rolle.
Posteromediales Impingement
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Verlust der streifigen Struktur des Lig. tibiotalare posterius mit ödematösen Veränderungen (Abb. 12a),
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Synovialproliferation,
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Verdickung der posteromedialen Gelenkkapsel und Verlagerung der angrenzenden Sehnen,
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Knochenmarködem des Malleolus medialis und des medialen Talus.
Posteromediales Impingement: a axiale T2-gewichtete Sequenz und b transversaler Ultraschallschnitt des posteromedialen Kompartiments des oberen Sprunggelenks bei einem Patienten mit posttraumatischen chronischen Schmerzen nach Umknicktrauma. Es zeigen sich eine deutliche Verdickung sowie ein Verlust der Fibrillen des Lig. tibiotalare posterius mit vermehrter Narbenbildung (Stern in a; MM Malleolus medialis)
Fazit für die Praxis
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Das Impingement des OSG ist ein mechanischer Konflikt zwischen Tibia, Talus und Kalkaneus, der entweder posttraumatisch, durch wiederholte Mikrotraumen oder durch anatomische Normvarianten entsteht.
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Es kommt zu knöchernen- und/oder chronisch-entzündlichen Weichteilproliferationen, die zwischen dem Knochen und weiteren Gelenkstrukturen eingeklemmt werden.
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Die ossären Anbauten und Weichteilveränderungen können auch ohne klinische Impingement-Symptomatik gefunden werden und dürfen somit nicht per se als pathologisch gewertet und im Befund als Impingement-Syndrom bezeichnet werden.
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Abhängig von der anatomischen Beziehung zum tibiotalaren Gelenk werden mehrere Lokalisationen des Impingement-Syndroms beschrieben.
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In Abhängigkeit von der Lokalisation zeigen die Syndrome unterschiedliche Symptome, klinische Zeichen und Befunde in der Bildgebung.